Forschung

Am Laboratorium für Psychotherapie & Neuroscience Research werden Forschungsprojekte durchgeführt, die auf dem Research & Development (R&D) Prinzip beruhen. Die Forschungsfragestellungen sind direkt auf Problemstellungen der medizinischen und psychotherapeutischen Praxis bezogen, Forschungsergebnisse werden für die Entwicklung von Methoden und Tools genutzt und zur Erprobung in die Praxis rückgekoppelt.

Forschungscluster: Depression

Am Forschungslabor der IAPNs wurde 2022 das Forschungscluster Depression eingerichtet. In dem fünfjährigen, Drittmitteln geförderten Programm werden mehrere Teilstudien in zwei korrespondieren Bereichen, dem Psychotherapiewissenschaftlichen Arm und dem Neurobiologischen Arm durchgeführt.

Phase I

Bis dato wurden eine Teilstudie zu Diagnostik und Klassifikation der Depression, sowie eine zweite zum aktuellen Stand der theoretischen Modellierungen und Behandlungsdimensionen der drei einflussreichen Therapieverfahren (Analytisch/tiefenpsychologische-, Kognitiv Behavioristische und Systemische Psychotherapie) weitgehend abgeschlossen. Ziel der Literaturstudie ist es, theoretische und methodische Korrespondenzen, Diskrepanzen und Antinomien zu identifizieren und auf dieser Grundlage verfahrensübergreifende Ansätze zu diskutieren. Die dritte Teilstudie dient der Zusammenführung der bisherigen Ergebnisse mit dem Interesse, Depressionen als differenzierte Spektrumstörung auszuweisen, für die in einigen Bereichen neuartige, verfahrensübergreifende, neurobiologisch informierte Behandlungsmethoden zu entwickeln sind.

Phase II

Für den neurobiologischen Forschungsarm bereiten wir eine Untersuchung zum Stand der neurobiologischen Hypothesenbildung zur Entstehung und zum Verlauf von Depressionen. In einer Teilstudie liegt der Fokus insbesondere auf den epigenetischen Auswirkungen von Umwelteinflüssen im Kontext depressiver Erkrankungen. In einer zweiten Teilstudie geht es insbesondere um den Forschungsstand der Neuropeptidforschung im Tiermodell und beim Menschen mit Blick auf die Entstehung und Behandlung depressiver Störungen.

Phase III

Klinische Entwicklung und Erprobung hochindividualisierter Behandlungsansätze einer ausgewählten Störung aus dem Bereich des Depressionsspektrums unter Verwendung hybrider, neurophysiologisch gestützter Therapiemethoden. In einem zweiten Schritt ist die Entwicklung von AGI gestützten digitalen Devices zum Monitoring und zur interventionellen Begleitung des Krankheits- und Genesungsprozesses geplant. Phase III erfolgt in Kooperation mit klinischen Einrichtungen und niedergelassenen Psychotherapeuten. Sie weist über den laufenden Fünfjahreszeitraum hinaus.

Nähere Informationen: Prof. Dr. Adrian Gaertner

Forschungscluster Kulturanalysen: Projekt China

Die Akademie befasst sich schon seit Jahren mit dem Forschungsfeld China. Dazu wurde eine Reihe von Fragestellungen entwickelt. Eine ganze Anzahl davon wurde während der und in Zusammenhang mit den zahlreichen Aufenthalten von Professor Wolf im Rahmen der Ausbildung von Psychotherapeuten in China und weiterem kulturellem und wissenschaftlichem Austausch mit China erarbeitet.

2023 wurden Teile dieser Arbeiten und Ergebnisse veröffentlicht. Professor Wolf hat diese unter dem Titel „Chinas Renaissance. Über die Kunst gleich zu bleiben und sich rasant zu verändern“ beim LIT- Verlag/Münster publiziert. Zu den einzelnen Teilthemen wird auf diese Publikation und ihr Inhaltsverzeichnis verwiesen.

Neben den inhaltlichen Fragestellungen hat uns vor allem der sozialpsychologische Aspekt beschäftigt. Wie allgemein bekannt und wie auch in diesem Buch thematisiert ist China nach wie vor Projektionsfläche verschiedener Vorstellungen und Vorurteile, die man hierzulande über China hat. Das hat zum Ergebnis, dass es drei Richtungen der wissenschaftlichen und journalistischen Literatur zu China gibt: eine eher kulturanalytisch-verstehende (meistens Sinologen), eine sehr China kritische, tendenziell polemische (meistens Journalisten und Politiker) und eine sozusagen mittlere Position, die verstehend und auch kritisch ist oder sein möchte.

Für unsere Forschung ist natürlich von großem Interesse, welche Vorstellungen von China und seiner Entwicklung die erste und die dritte Position projektiv vereinseitigen und welche Mechanismen und Muster dabei wirksam sind. Die entsprechende Literatur über Wahrnehmung, Kommunikation, Bildung von Vorurteilen, falsches und richtiges Denken etc. ist großenteils bekannt und bereits rezipiert und wird in einem entsprechenden Projektantrag zusammengestellt werden.

Hier sollen vorab exemplarisch einige Besonderheiten des China Bildes oder besser gesagt der China Bilder benannt werden. Dabei wollen wir versuchen, uns einer möglichst neutralen Terminologie zu bedienen, also zum Beispiel von Kritikern zu sprechen dort wo in der neueren deutschen Polemik schnell von Leugnern, Phobikern oder Hassern die Rede ist. Solche offensichtlich mit negativen Affekten beladenen Ausdrücke sind natürlich selbst Teil einer massiven Vorurteilsstruktur.

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Die Rolle der KP Chinas wird meist unzureichend analysiert. Das betrifft ihre Geschichte und ihre daraus erwachsende und immer wieder umdefinierten Funktionen für das gesamte System Chinas in der Gegenwart, also Politik, Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, Kultur, etc. Das gilt für die Verbindung zur gesamten Geschichte des chinesischen Imperiums (herrschende Eliten, Mandarinat) und die Entwicklung im 20. Jahrhundert durch Kriege und Bürgerkriege hindurch ebenso wie für die Verbindungen der Theorie und Praxis der KP Chinas mit den totalitären kommunistischen Traditionen wie sie im 20. Jahrhundert in anderen Ländern, insbesondere der Sowjetunion, was Denkweise und Vorstellungswelten betrifft aber durchaus auch in West- und Südeuropa und anderen Weltregionen. Das betrifft aber auch und nicht zuletzt die Funktion der KP Chinas als eines Mediums der Aushandlung von Konflikten um Interessen und unterschiedliche Positionen in den verschiedenen Provinzen und autonomen Regionen – einer ganzen eigenen Welt, die größer ist, als die EU und die USA zusammengenommen.

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Die Entwicklung der Wirtschaft und ihrer Dynamik wird meist unzulänglich und nur einseitig dargestellt. Sogenannte Problemgruppen wie die Wanderarbeiter oder die Uighuren oder andere ethnische Minderheiten werden oft in den Vordergrund gerückt und ihre Schicksale ohne angemessene Relativierung zur gesamten Entwicklung beklagt. Das gilt für die tatsächlichen Bevölkerungszahlen und die Relationen zwischen den verschiedenen Gruppen (beispielsweise in Tibet oder Xinjiang) und deren wirtschaftliche Entwicklung und soziale Stellung wie auch die politischen Konflikte, Gefahren und Bedrohungen durch religiös-fundamentalistische Terroristen und anderes mehr.

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Ebenso gilt das für die bislang nur teilweise und experimentelle Einführung des sogenannten Sozialpunktesystems, das vorschnell – und gegen die Vorstellung einer großen Zahl der Chinesen selbst – als totalitäres Überwachungsinstrument interpretiert wird.

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Auf der anderen Seite finden sich begeisterte und begeisternd Berichte über die Entwicklungen im Hi-Tech- Bereich, beispielhaft die über diese Entwicklung in Shenzhen und der umliegenden Bay-Area, die vielleicht dazu neigen, hier auch kritische Aspekte zum Beispiel was die Arbeits-und Produktionsbedingungen betrifft, etwas zu vernachlässigen.

Ausschlaggebend für Art und Ausmaß projektiver Tendenzen und Mechanismen sind Denkmuster und Affekte. Die geplanten Forschungsarbeiten zur Analyse der entsprechenden Strukturen von Vorurteilen sollen sich genau hierauf konzentrieren, nämlich welche kognitiven Verzerrungen finden statt und wie sind die verknüpft mit einseitigen Affektlagen? Welche politischen und wirtschaftlichen Interessenlagen im Hintergrund mit hineinspielen muss natürlich auch beachtet werden, Sozialpsychologie ist ja nicht naiv.

Research Program

Artificial Intelligence and the Future of Psychotherapy

Die rasanten Veränderungen aller Lebensbereiche durch Artificial Intelli-gence macht auch vor der Psychotherapie nicht halt. Projektionen gehen davon aus, dass noch in diesem, spätestens im nächsten Jahrzehnt min-destens 50% der persönlichen Psychotherapien von lern- und kommuni-kationsfähigen, therapeutisch umfassend informierten Chatbots über-nommen werden. Diese Entwicklungen sind Anlass für eine dreiteilig an-gelegte Studie zur Verbreitung, Funktionsweise und zu den Perspektiven von Chatbot Psychotherapien.

1. Vergleichende Untersuchung zur Verbreitung der Nutzung von Therapie Apps und Therapie Chatbots in Deutschland und den USA.

2. Analyse der Funktionsweise und der inhärenten Therapiemethoden von verordnungsfähigen Apps, die zum Beispiel von der Techniker Kranken-kasse beworbenen und erstattet werden, im Vergleich mit avancierten, auf Artificial Intelligence und selbstlernenden Large Language Modellen beruhenden AI Chatbots, wie dem „Webot“.

3. Vergleichende Nutzen-Risikoanalyse der Verwendung von AI Chatbots unter der Bedingung von a: fehlenden und b: vorhandenen Therapie Zu-lassungsverfahren.

Beginn der Studie: Oktober 2023.
Laufzeit 30 Monate

Informationen: Prof. Dr. Adrian Gaertner
E-Mail:

Forschungscluster: Human Robots im Gesundheitswesen

Das Projekt Humanoide Roboter wurde 2022 begonnen.

In einem ersten Abschnitt wurde die Diskussion über die Bewertung des Einsatzes von HRs generell und insbesondere im Bereich von Unterstützung, Versorgung und Pflege im Gesundheitsbereich rezipiert. Sie bewegt sich auf sehr unterschiedlichem Niveau. Wir kennen Berichte über Untersuchungen, Forschungsprojekte, aber auch einseitige Statements und Kommentare. Ergänzend wurden Expertisen kompetenter Experten aus kooperierenden Forschungseinrichtungen rezipiert.

Die anschließende Bewertung der IAPN kam zu dem Ergebnis, dass jedenfalls ergänzende und unterstützende Tätigkeiten der Roboter unproblematisch ethisch vertretbar sind. Bei wachsender Autonomie stellen sich wie beim Thema der autonomen Autos ethische Fragen an die Programme und Algorithmen, die noch zu klären sind.
Das bezieht sich zunächst auf das Argument der Arbeitskräfte. Überall in Deutschland, insbesondere im Bereich der Pflege, fehlen massiv Arbeitskräfte. Roboter würden diese also nicht ersetzen sondern einen massiven Mangel zumindest ein Stück weit kompensieren. In Hinblick auf die zu versorgenden und zu betreuenden Menschen sind zwar auch skeptische Stimmen zu vernehmen. Ganz überwiegend findet sich aber Akzeptanz, wie sich an bereits tätigen Beispielen (Robbe Paro, Spielroboter Nao, Kommunikations-roboter Pepper) gezeigt hat. Auf diesem Projektstand wurden die unterschiedlichen Funktionen von HRs analysiert und differenziert.

Für diesen Einsatzbereich wurde ein Aufgabenkatalog zusammengestellt, eine Art Lastenheft, der die erforderlichen Leistungen eines solchen Roboters der Perspektive möglicher Kunden sprich Betreiber der entsprechenden Einrichtungen auflistet. Diese Liste orientiert sich insbesondere an den Aktivitäten des täglichen Lebens, wie sie im Pflegebereich als Standard gelten.

Zeitgleich wurden Informationen über alle humanoiden Roboter zusammengestellt, die in den letzten Jahren entwickelt worden sind und entwickelt werden. Das beginnt in den 2000er Jahren vor allem in Japan und den USA und geht mit enormen Fortschritten bis in die aktuelle Gegenwart. Inzwischen werden auch in China, Hongkong, Indien solche Roboter entwickelt, nicht zuletzt auch in Deutschland.

Dabei sind in zwei Hinsichten große Fortschritte zu beobachten.

Zum einen in Hinblick auf die pragmatische Leistungsfähigkeit der Roboter was Sensorik, Sensitivität, Beweglichkeit, Mobilität, Handling und Umgang mit Dingen und Menschen betrifft. Sie steigert sich gerade massiv durch den wachsenden Einsatz von künstlicher Intelligenz.

Zum anderen in Hinblick auf ihre rezeptiven und effektiven kommunikativen Fähigkeiten. Die neuesten Entwicklungen der Kommunikation von Menschen mit Maschinen mittels künstlicher Intelligenz, beispielhaft sei hier ChatGPT genannt, sind beeindruckend. Ohne Zweifel kann eine solche Kommunikation ermöglichen, differenzierte Aufgaben und Anweisungen verstehen und durchführen zu können und ihrerseits reaktiv/aktiv mit Menschen nachfragend oder auch proaktiv auffordernd zu kommunizieren.
Beispielhaft benennen wir hier die unseres Erachtens fortgeschrittensten Modelle. Es handelt sich um Ameca, Erica, Sophia, Atlas, Jia Jia, Apollo/ Vakyrie, Jubot, Garmi, Apollo und Optimus.

Humanoide Roboter werden nicht als einzelne Gestalten in einer ansonsten unveränderten Umgebung agieren. Das wird auch möglich sein, nutzt aber nicht die Potenziale aus, die in der Interaktion mit einer digitalisierten Umgebung bestehen. So ist leicht vorstellbar, dass Routinen programmiert werden, dass einzelne Aufträge über digitale Befehle gegeben werden, dass eine Überwachung erfolgreicher Arbeit selbsttätig geschieht und ergänzend an einem Kontrollzentrum monitorisiert wird, dass mögliche Fehlermeldungen direkt an ein Interventionszentrum weitergeleitet werden und anderes mehr. Ebenso zweckmäßig ist die Einbettung in ein passendes bauliches Milieu, das die Arbeit der HRs optimal nutzen kann.

In diesem Zusammenhang wurden ausgehend von dem aktuellen Entwicklungsstand die Vorteile im Vergleich zu menschlichen Arbeitskräften aktualisiert und resümiert. Das erschien sinnvoll und zweckmäßig, weil in den medialen Debatten ganz überwiegend Risiken des Einsatzes dieser Roboter akzentuiert werden und viel weniger die Vorzüge. Diese Vorteile humanoider Roboter sind:

  • Sie lassen sich auf jede bekannte Sprache hin einrichten und müssen diese nicht erst lernen
  • sie unterliegen keinen Stimmungsschwankungen, sind nicht schlecht gelaunt, boshaft, unaufmerksam, erschöpft oder krank
  • die können im Prinzip sieben Tage die Woche 24 Stunden im Einsatz sein, d.h. 168 Stunden je Woche , das Vierfache einer menschlichen Arbeitskraft
  • sie brauchen keinen Urlaub und haben keinen Ausfall durch Krankheitszeiten, was zusammengenommen im Durchschnitt etwa zwei von zwölf Monaten pro Jahr ausmacht
  • die „Resilienz“ und Ausdauer der HRs bringt im Vergleich zu menschlichem Personal auch wirtschaftliche Vorteile mit sich, abhängig von den Kosten für Anschaffung und Betrieb.
  • ihre ganzen Kompetenzen und ihre Bedienbarkeit, ihre Gestalt, ihr Design, ihre Haptik, ihr Geruch und alle ihre Anmutungen lassen sich nach Bedarf und Wunsch und nach milieuspezifischer und kulturspezifischer Akzeptanz gestalten und modifizieren
  • sie sind nicht infizierbar und übertragen keine Krankheiten

Es gibt inzwischen erste Einrichtungen, die probehalber humanoide Roboter zur Betreuung und Kommunikation einsetzen. Wir haben uns vorläufig auf die entsprechenden Erfahrungen in Deutschland beschränkt und auch hier eine Zusammenstellung dieser avantgardistischen Projekte vorgenommen. Das Projekt wird mit diesen Einrichtungen in Verbindung treten. um deren Erfahrungen auszuwerten und die Aufgabenkataloge zu ergänzen oder zu modifizieren, und um dann noch gezielter die Prüfung der fortgeschrittensten Roboter auf ihre Eignung vorzunehmen.

Nähere Informationen: